Naturkost Kontor Bremen NKK

Interview Heino Cordes

Interview mit Gesellschafter

Heino Cordes

Biolandhof Cordes
Eitzendorf 4
27318 Hilgermissen

Der Biolandhof Cordes liegt am alten Weserarm „Alveser See“ zwischen Hoya und Verden. 1984 stellten Dorothee und Heino Cordes den Hof auf biologischen Landbau um. Am 15.07.1991 hat Heino das Naturkost Kontor mitgegründet – und ist bis heute aktiver Gesellschafter. 30 Jahre Bio-Großhandel, mehr als 35 Jahre Bio-Landwirtschaft. Grund genug, mal nachzufragen!

NKK: Heino, wann hast Du den Hof von Deinen Eltern übernommen?

Heino: Schon 1974.

Und was haben Deine Eltern gemacht auf dem Hof?

Ganz normal das, was man damals so machte. Ein kleiner Hof eben. Viehhaltung, Schweine, Hühner, alles so wie das früher eben war. 29 Hektar hatten wir und damals hatte man nur Eigenland, zu pachten gab es damals nichts. Da wirtschafteten alle selber und brauchten ihr Land selber. Da konnte man nichts pachten.

Und bist Du vorher in die Lehre gegangen woanders? Oder hast Du direkt bei euch gelernt und dann den Hof übernommen?

Ursprünglich hatte ich ja gar nicht vor, Landwirt zu werden. Ich hab dann doch Gefallen dran gefunden und eine Lehre auf einem Hof gemacht. Ich brauchte nur zwei Jahre, weil ich schon die mittlere Reife hatte. Ich hab auch noch ein Jahr in einem Fremdbetrieb gearbeitet. Mein Opa (Bild rechts) hat damals gesagt, ob das wirklich nötig täte, dass ich als Knecht noch ein ganzes Jahr woanders arbeite! Er fand das nicht so gut. Das könnte ich doch zuhause auch arbeiten, was ich da arbeite. Aber es war nicht verkehrt – ich hab da ja dann auf dem Hof auch Dorothee kennengelernt! 1972 haben wir geheiratet.

Und dann war euch irgendwann klar, dass ihr das nicht so weitermachen möchtet wie Deine Eltern das gemacht haben?

Also das war uns nicht sofort klar. Das hat ein bisschen gedauert! Das hatten wir erst weitergemacht, da war die Viehhaltung erhöht worden, da war damals Bullenmast ganz groß in Mode. Und nach der Umstellung gab’s das nicht mehr so und wir fanden ja auch, dass wir irgendwie am Ende der Entwicklung waren. Wir konnten uns nicht mehr entwickeln konventionell. Und dann haben wir gesagt „Wir stellen jetzt um!“ und versuchen das mal. Da waren wir einer von wenigen, die umgestellt haben. Zu der Zeit hat man entweder von Anfang an neu auf einem Hof Bio gemacht oder gar nicht. Bei uns in der Gegend waren wir die einzigen Umsteller. Das war schwierig, das war nicht so einfach für uns. Die anderen Bios haben uns nicht als „echte“ Bios akzeptiert, und die Konventionellen haben nicht akzeptiert, dass wir uns für einen anderen Weg entschieden haben. Die haben gesagt, das dauert sowieso nicht lange, entweder er ist pleite oder er gibt das Bio auf. Kann ja nicht lange gut gehen. Die Bullenmast haben wir auf Mutterkuhhaltung umgestellt. Beim Ackerbau haben wir statt Zuckerrüben Gemüse angebaut. Als wir 1991 dann alle gemeinsam das Naturkost Kontor gegründet haben, hatten wir schon sehr viele Sonderfrüchte im Anbau, Lein, Soja, Hanf, Lupinen, Buchweizen, Hirse, Mohn. Außerdem Kartoffeln, Kohl, Möhren, Steckrüben, Salat, Weizen, Roggen, Dinkel. Heute haben wir hauptsächlich Kräuter und Gewürze. Unsere Mutterkuhherde läuft im Sommer auf der Weserweide und im Winter kriegen sie ausschließlich hofeigenes Futter.

Würdest Du es wieder so machen?

Ja. Man würde vieles anders machen. Aber die Umstellung würde ich wiedermachen. Ich hab das als Weiterentwicklung empfunden. Nicht als was ganz was anderes. Als Weiterentwicklung.

Und wie habt ihr dann entschieden, was ihr macht? Was ihr anbaut? Gab es da einen, der gesagt hat, ich brauche unbedingt ungespritzten Blumenkohl, könnt ihr den für mich anbauen?

Wir wollten schon zu konventionellen Zeiten immer gerne Sonderfrüchte anbauen, hatten aber keinen Kontakt dazu bekommen. Und in Bio bot sich gleich die  Möglichkeit, ganz viel Verschiedenes anzubauen. Das erschien uns so attraktiv, aber nachher war das gar nicht so attraktiv. Das passte gar nicht so zu uns, aber das haben wir erst viel später gemerkt. Wir haben dann 20 Jahre Gemüse angebaut, gutes Gemüse. Qualitativ hochwertig, aber wir haben nicht den Preis dafür gekriegt, dass unsere Mühe sich gelohnt hätte und wir davon gut leben konnten.

Heino, jetzt musst Du uns an dieser Stelle nochmal erklären, warum zum Beispiel Blumenkohl eigentlich so schwer anzubauen ist und das im Grunde keiner mehr machen möchte?

Naja, das können ja nun wirklich alle erklären, die Blumenkohl haben. Also Blumenkohl ist sehr beliebt bei Insekten, man muss Schädlingsabwehr machen mit Netzen. Vom konventionellen Raps kommen die Insekten rüber, es gibt ja sehr viel Rapsanbau hier und da wandern sie dann einfach rüber in unseren Bio-Kohl und fressen alles auf. Hinzu kommt die Blühfreudigkeit. Die Blume kommt ja nach einem bestimmten vegetativen Wachstum. Wenn es warm ist, hat sie keinen Kältereiz, die Blume zu bilden. Wie bei jeder Frucht muss ein bestimmter Kältereiz da sein und das ist im Sommer schwierig. Man pflanzt alle zwei Wochen, aber dann bilden die Sätze nicht alle zwei Wochen einen Kopf. Und wenn sie dann doch noch Kälte gekriegt haben, kommen drei Sätze auf einmal – und dann gibt es die weiße Schwemme. Dann ist so viel Blumenkohl am Markt, dann nützt auch kein Sonderangebot mehr. Beim Brokkoli ist es ja das gleiche.

Ihr habt euch dann irgendwann entschieden, dass ihr die Kartoffeln und den Kohl aufgeben müsst.

Ja, wir haben gemerkt, dass wir nicht genug verdienen und haben uns entschieden, etwas zu ändern. Wir sind dann auf die Kräuter gekommen, erstmal auf die Körnerkräuter, die man mit dem Mähdrescher erntet. Kümmel, Fenchel, für Tee, solche Sachen. Das war so mittelgut, aber nicht so gut wie wir gehofft hatten. Dann haben wir angefangen, Blattkräuter anzubauen. Pfefferminze als allererstes. Das ist auch ziemlich danebengegangen im ersten Jahr. Im zweiten Jahr war es dann schon etwas besser. Im ersten Jahr hatten wir so einen miserablen Preis gekriegt, dass wir gedacht haben „Das kann ja gar nicht gut gehen!“ Das war pro Kilo Rohware 1,70€. Und wir brauchten in etwa 3-4€. Zum Glück war es nur eine kleine Fläche, kleine Fläche, kleiner Verlust. Dann mit der Zeit kamen Abnehmer, die wussten unsere gute Qualität zu schätzen. Heute bilden die Blattkräuter mit 30 Hektar bei uns den Hauptanteil der Sonderfrüchte. Auf weiteren 10 Hektar vermehren wir Wildblumen und Gewürze, die als Komponenten für Blühmischungen gebraucht werden. Heute läuft der Betrieb gut und ich freue mich, dass ich den Mut hatte, mit 62 Jahren den Hof noch mal umzukrempeln. Wenn ihr den Tee von Sonnentor trinkt oder auf einer Zug-Fahrt mit der Deutschen Bahn Pfefferminztee bestellt, ist da meine Ware drin.

Heino, warum sollte man Bio anbauen und kaufen?

Die eine Hälfte ist die Gesundheit und die andere Hälfte ist der Geschmack. Wenn etwas langsam wächst und nicht so stark gedüngt wird, dann merkt man das am Geschmack. Und die andere Hälfte, die Gesundheit, da geht es um uns und um unsere Umwelt. Die gesunde Kreislaufwirtschaft kann man leider in Geld nicht messen. Aber wenn beides zusammenkommt und man darüber nachdenkt, auch wenn man es nicht in Geld messen kann, ich denke, wenn jeder sich bemüht, dann haben wir noch eine Chance. Wir sind ja noch immer am Anfang, bei so wenig Prozent Bio-Landwirtschaft wie wir in Deutschland haben. Es wird noch immer überall gespritzt wie verrückt. Viele Länder haben uns da mittlerweile überholt.

Und Du hast Dir anlässlich des 30-jährigen NKK-Jubiläums auch etwas ausgedacht, oder? 

Ja, und zwar ein Gewinnspiel für unsere Kundinnen und Kunden!

Cool! Wir sind gespannt, wer die richtigen Antworten errät. Vielen Dank für das Interview, Heino. Und alles Gute weiterhin und herzlichen Glückwunsch.

Danke!

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